Marzoll, 14.04.11

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

1. Ich darf Sie recht herzlich zur Jahreshauptversammlung des Ärztlichen Kreisverbandes begrüßen.

Ich stelle fest, dass die Einladung am 08.03.11 satzungsgemäß an alle Mitglieder versandt worden ist und dass keine Einwände gegen die TOP bestehen.

2. Totengedenken.

3. Rechenschaftsbericht des 1. Vorsitzenden:

Das abgelaufende Jahr war wieder geprägt von etlichen Turbulenzen.
Ich erinnere an ein erneutes Reformgesetz, das vom Bundesgesundheitsministerium verabschiedet wurde. Bei jeder „Reform“ wird dem Bürger wieder tiefer in die Tasche gegriffen.

Genauso ging es dem Hausärztlichen Bereich. Das Gesetz sorgte für erheblichen Unmut im Hausärztlichen Bereich. Deshalb wurde vom damaligen Vorsitzenden des BHÄV Hoppenthaller der Umstieg vorbereitet. Dieser sog. Ausstieg kann als nichts anderes als eine Urabstimmung gesehen werden, die jeder Gewerkschaft zugebilligt wird, offensichtlich nur nicht den Ärzten. Erstaunlich war in diesem Zusammenhang, wie sich der Bayerische Gesundheitsminister Söder mit seiner Meinung wie ein Fähnchen im Wind drehte, erst glühender Verfechter der hausärztlichen Interessen, dann erbitterter Feind bis hin zu ganzseitigen Anzeigen in allen Tageszeitungen. Bekanntlich stimmten gut 40% für den Ausstieg. Damit wurde das selbstgesetzte Quorum nicht erreicht. Das Ergebnis zeigt aber die Unzufriedenheit mit dem bestehenden System. Dass das Quorum nicht erreicht wurde, lag sicherlich auch in den massiven Bedrohungen durch Politik, Kassen und Aufsichtsbehörden.

Allerdings ist durch die Wahl von Wolfgang Krombholz zum Vorstandsvorsitzenden der KVB ein Zeichen der Erneuerung gesetzt worden. Inzwischen sind die KV Mitteilungen m.E,. wieder lesbar und mit Informationen versehen und oberdrein in einem anderen Stil abgefasst als von der Vergängerriege. Die bisherige KVB Spitze hat in der Vergangenheit eine Politik ohne ihre Mitglieder betrieben. Man denke nur an die Installierung von dem Notarztportal emdoc und die Gründung von vielen Tochterunternehmen, deren Struktur sehr undurchsichtig erscheinen. Umso unverständlicher ist die Wieder-Wahl des Bundes-KV-Vorstandes Köhler, die gegen demokratische Strukturen steht. Verquickungen von Köhler mit privaten Gesundheitsanbietern machen das ganze unglaubwürdig. Der Clou war aktuell eine 35 %ige Gehaltserhöhung. Die Bundes-KV in Berlin hat auch in der Vergangenheit sehr fragwürdige Entscheidungen getroffen, man denke an die „Laborreform 2008“ und die Diskussion um die Kodierrichtlinien, die einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten.

Lassen Sie mich noch ein Wort über „Berlin“ verlieren. Aktuell wurde Herr Sossau als AOK Direktor in Bad Reichenhall verabschiedet und Frau Recksiek eingeführt. Dabei hatte ich Gelegenheit, mit dem Vorstand der AOK Bayern Dr Platzer ein längeres Gespräch zu führen. Er erzählte mir u.a., dass er mehrere Briefe an Rösler geschickt habe, die Missstände der Gesundheitspolitik Bayern betreffend aufzeigen sollten. Es kam nicht einmal eine Eingangsbestätigung zurück. Man sieht daraus aber, wie arrogant zentralistisch in Berlin regiert wird!

Allerdings gibt es auch erfreuliches zu berichten: Die Beweislastumkehr in Patientenbeschwerdeverfahren ist erst einmal vom Tisch, d.h. in einem Verfahren muß erst der Beschwerdeführer beweisen, dass ein Behandlungsfehler unterlaufen ist und nicht umgekehrt.

Ein Wort zu den Beiträgen. Ich bekomme immer wieder Anfragen gerade von älteren Kollegen, die den Beitrag sparen wollen und kündigen. Eine Kündigung der Mitgliedschaft genauso in der Ärztekammer ist nur möglich bei Zurückgabe der Approbation! Kraft Gesetz sind wir Mitglieder in der BLÄK und im ÄKV. Wir erheben eine Betrag (schon seit Vorgängerzeiten) von 80 Euro für den Berufstätigen und 35 Euro für den in Ruhestand befindlichen Kollegen. Freiwillige Mitglieder zahlen 25 Euro. (Mitglieder in anderen Kreisverbänden). Der Bezirksverband erhebt 26 Euro pro gemeldetem Mitglied. Dieser Beitrag steigt nächstes Jahr auf 29 Euro. Wir werden trotzdem unsere Kreisumlage nicht erhöhen.

In Berchtesgaden wurde dieser Tage mit einem Gottesdienst und einer Feierstunde der Gründung des KID gedacht. Vor 10 Jahren war es der Initiative des Rettungsassistenten Helmut Langosch zu verdanken, dass der Kriseninterventionsdienst ins Leben gerufen wurde. Ohne das KID hätten wir das Eishallenunglück und viele Notarzteinsätze und Krisensituationen und Betreuung des Rettungspersonals nicht bewältigen können.

In der aktuellen Standespolitik ist es so, dass wir im Bezirksverband härter gegen überzogene Rechnungen und Abrechnungsbetrug vorgehen werden. Neu ist, dass neben Hinweisschreiben und Berufsgerichtsverfahren auch Rügen mit Geldbußen verhängt werden können. Es kann nicht sein, dass einzelne schwarze Schafe unseren Berufsstand dikreditieren. Zur Problematik Osteopathie ist zu sagen, dass es hier bereits ein Gerichtsurteil gibt, in dem ein Physiotherapeut zu 190000 Euro Schadensersatz verurteilt wurde, der statt Krankengymnastik Osteopathie durchgeführt hat. Besonders beliebt sind Doppeltermine und der Arzt wundert sich, dass schon wieder ein neues Rezept angefordert wird. Übrigens ist den wenigsten bekannt, dass auch Patienten wegen Betrugs verurteilt werden können.

Des weiteren möchte ich aus gegebenem Anlaß davor warnen, Drogenabhängige mit anderen Medikamenten außer dem in der Substitution vorgesehenen Methadon aus Gutmütigkeit zu versorgen. Damit ist man schnell in einem Strafverfahren.

Während der letzten Bezirksversammlung am 6.4.11 in München wurde uns ein Vortrag zur demographischen Entwicklung präsentiert. Die Folgen für uns alle werden dramatisch sein. Aktuell ist es so, dass jeder 8. Über 80 Jahre alt ist, im Jahre 2050 bei weiterer Entwicklung jeder 3.! D.h. es werden für die Versorgung der immer älter werdenden Bevölkerung weder Pflegekräfte noch Ärzte vorhanden sein. Die Anstrengungen von Politik und Kassen kann man natürlich vor diesem Hintergrund sehen. Wenn wir Ärzte mit Bürokratie zugemüllt werden, haben wir weniger Zeit für Arbeit am Patienten. Passend dazu die neuen Berichte im Spiegel, nach dem wir Ärzte nur 28 Stunden in der Woche arbeiten würden. Verunglimpfungen von Kassen und Politik können offenbar immer wieder ungestraft und kritiklos von Journalisten übernommen werden. Norbert Blüm hat in den 80er Jahren bereits gesagt „Ihr Ärzte seid schuld daran, dass die Bevölkerung immer älter wird“... Vor diesem Hintergrund halte ich auch die immer weiter voranschreitende Spezialisierung in der Medizin für einen Irrweg. Es gibt heute bereits Kliniken, die keine Allgemeinchirurgie besetzen können. Oder stellen Sie sich einen Diensthabenden vor, der nur noch sein Spezialgebiet abdecken kann und für andere Probleme außer seinem Gebiet einen anderen Fachkollegen benötigt, diese Dienste sind gerade in der Peripherie nicht mehr finanzierbar.

Gestatten Sie mir zum Abschluß noch einige persönliche Anmerkungen. Durch etliche Verluste in den letzten Jahren in unserer Familie denkt man auch über seine eigene Endlichkeit nach. Deshalb sollten wir immer auch unser eigenes Handeln überdenken, was wir unseren Patienten zumuten. Ich halte es für unethisch, wenn wir heute auf Intensivstationen multimorbide Patienten reanimieren, wenn Patienten Schrittmacher oder TEPs eingebaut werden, die ständig bettlägrig sind. Beispiele hierfür gibt es tagtäglich.

Ich möchte meinem Vorstand und den Fortbildungsreferenten für die gute Zusammenarbeit im abgelaufenen Jahr danken. Sicherlich wäre die eine oder andere Terminabsprache unter den Fortbildungsreferenten wünschenswert. Wie lange beide noch das sehr mühselige Verschicken der einzelnen Einladungen noch gewährleisten, bleibt abzuwarten. In Traunstein werden m. E. die Einladungen nur noch per E-mail verschickt.

Ganz besonders möchte ich unserer unermüdlichen Kraft im Kreisverband Frau Mitiska bedanken, ohne deren Engagement vieles nicht möglich wäre.

Hinweisen möchte ich noch mal auf unsere Homepage www.aekv-bgl.de, auf der stets die aktuellen Fortbildungen zu finden sind, sowie aktuelle Informationen und auch Downloads wie der neue Pallitivbehandlungsplan, auf den ich schon mehrfach hingewiesen habe. Nutzen Sie auch das Portal der Stellenanzeigen, auf dem jeder Anzeigen schalten kann.

Vielen Dank für Ihr Interesse!
Es gilt das gesprochene Wort!

Dr. Reinhard Reichelt
1. Vorsitzender ÄKV BGL